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Diesen schönen Text wollte ich euch auch zukommen lassen. Gr. Hartmut
2031
Einweihung von S21
Südostpresse
Bericht von unserer Korrespondentin Könner
Stuttgart: Vorgestern, am 13.Juli 2031, wurde der neue Bahnhof in Stuttgart seiner Bestimmung übergeben und eingeweiht. Die Bahn schaffte an diesem Tag alle versprochenen 49 Züge in der Spitzenstunde am Morgen relativ pünktlich durch den Tiefbahnhof zu schleusen. Die größte Verspätung betrug genau 12 Sekunden. Die Ehrengäste: Abgeordnete, Oberbürgermeister, Chefs der großen Stuttgarter Unternehmen usw., hatten sich wie üblich mit ihren Limousinen samt Chauffeur vorfahren lassen. Sie hatten über die Jahre den immer hässlicher gewordenen und vernach-lässigten Bahnhof auch schon vor der Bauphase gemieden, vor allem aber in der zwanzigjährigen Bauzeit, denn auf den über 100 Meter langen Holzstegen zunächst zu den Bahnsteigen zu gelangen und dann in einen Zug einzusteigen, war unter ihrer Würde. Gespannt war man an diesem Tag, wie etwa die 4 ICE-Züge im Abstand von 3 Minuten auf Gleis 1 diesen Stresstest bestehen würden.
Die einsteigenden Fahrgäste für diese 4 Züge hatten sich rechtzeitig mit Rolltreppen und Fahrstühlen unten auf dem Bahnsteig eingefunden. Verzeihung: das stimmt nicht ganz. Da auf Gleis 2 am selben Bahnsteig während dieser 12 Minuten auch noch 2 Züge einfahren sollten, war es schnell unmöglich, überhaupt noch auf den Bahnsteig zu gelangen. Dicht gedrängt warteten die Fahrgäste auf die 6 Züge. Das Bahnpersonal sperrte den Zugang rigoros ab: „Bahnsteig wegen Überfüllung geschlossen.“
Nun war man gespannt, was unten am Bahnsteig passieren würde. Das ist schnell erzählt. Die Türen des ersten ICE öffneten sich. Ganz wenige konnten aussteigen, kaum einer einsteigen. Behinderte, Menschen mit einem Koffer oder Frauen mit einem Kinderwagen, sofern sie überhaupt auf den Bahnsteig gelangt waren, waren chancenlos. Beine, Arme, Rücksäcke, die das Schließen der Türen verhinderten, wurden vom Bahnpersonal, welches sich mühsam durch die Menschenmenge den Weg bahnte, nach innen gedrückt und geschoben, wie es auf japanischen Bahnhöfen üblich ist. Ähnlich erging es dem 2., 3. und 4. ICE. Eins muss man der Bahn zu gute halten. Die Technik funktionierte wie schon vor 20 Jahren versprochen. Jedoch hatte man damals beim Richterspruch des Herrn Geißler an die Fahrgäste, die Menschen, nicht gedacht, die den Bahnhof und die Eisenbahnzüge benutzen sollten. Bei jahrelangen Protesten mit vernünftigen Argumenten stellten sich Bahnchefs und Spitzenpolitiker taub. Die Polizei wurde missbraucht, um Interessen einer kleiner Minderheit durchzusetzen.
Vom ersten ICE auf Gleis 1 an diesem Tag weiß man, dass die nächste Haltestation Ulm war. Hier strömten die verärgerten Fahrgäste in den Bahnhof. Wie diese nach Stuttgart zurückgekommen sind, ist im Augenblick unbekannt.
Am nächsten Tag, es war der 14. Juli, klappte alles viel besser. Schnell hatte sich herumgesprochen, was gestern passiert war. Die bundesweite Presse hatte von dem Chaos nicht berichtet. Man schämte sich, ehemals dieses Projekt unterstützt und den Sachargumenten kein Gehör geschenkt zu haben. Die Menschen nahmen also das Auto. Nun waren die Straßen und Parkplätze total verstopft und wieder kamen Tausende nicht an ihren Arbeitsplatz. Die ehemaligen K21-Fans, die allerdings zum größten Teil schon gestorben waren, erlebten dieser Tage einen wahren Triumph, was den bekämpften Fahrplan betrifft. Allerdings war die Innenstadt um den Bahnhof und den Park zerstört. Der Park war durch eine weitere sehr hohe hässliche Hürde vom Teil vor dem Theater und dem Landtag zerschnitten.
Heute, am 15.Juli 2031, hört man aus dem Rathaus, der CDU-Zentrale, den Arbeitgeberverbänden, der IKH usw., dass ernsthaft überlegt wird, den verschandelten Restbahnhof, der in der jahrelangen Bauzeit bis zum 12.Juli pünktlich seine Aufgaben erfüllte, nun doch nicht abzureißen. Er soll zunächst ein repräsentatives Glasdach mit Solarelementen erhalten, wie schon vor 20 Jahren vorgeschlagen. Alle Probleme, wie Taktfahrplan, Verspätungen, Anschlüsse, S-Bahn, Notfälle, behindertengerecht und Gäubahn lösen sich dadurch von alleine. Stuttgart hätte damit nicht den kleinsten Bahnhof einer Großstadt in Deutschland, sondern wirklich einen Großstadtbahnhof mit dann 24 Gleisen, der den Anforderungen des Eisenbahnverkehrs für die nächsten hundert Jahre gewachsen ist. Das einzige Problem ist im Augenblick, welches Gleis die Nummer 1 erhält.
V.iS.d.P. + Druck: Gotthart Schulz, Fichtenstr.19, 73066 Uhingen, Uhingen, den 27.07.2011
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